Wirtschaftsinitiative Westthüringen e.V. diskutierte mit Experten über Möglichkeiten der Innenstadtbelebung / Dr. Hardo Kendschek zu Gast
Innenstadtbelebung – das ist wie Mannschaftssport. Man kann nicht defensiv denken und offensiv spielen. So verglich Dr. Hardo Kendschek die gewaltige komplexe Herausforderung in den Städten vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des veränderten Konsumverhaltens der Kunden im Digitalzeitalter. Dr. Kendschek ist Experte in Sachen Stadt- und Regionalentwicklung in Ostdeutschland. Seit 1992 ist er dafür Impulsgeber. Der erfahrene Projektleiter und Geschäftsführer der KOMET Gesellschaft für Stadtmarketing und Entwicklung mbH und komet-empirica Regionalentwicklung–Stadtentwicklung–Immobilienforschung GmbH skizzierte im Auftrag des Vereins Wirtschaftsinitiative Westthüringen e.V. im Hotel „Der Lindenhof“ in Gotha vor etwa 30 Vertretern aus Handel und Gewerbe aus der Region Westthüringen seine Erfahrungen und bewährten Expertenstrategien. Die weiterzugeben, nennt er „Fitnesstraining für aktive und vitale Innenstädte“. Dieses Training brauchen aus seiner Sicht quasi alle städtischen Kommunen, weil: „Die Innenstädte sind derzeit alles andere als stark.“ Nahezu alle leiden und Einwohnerschwund und die verbliebenen Kunden würden zunehmend ihre Einkäufe bequem übers Internet vom Sofa aus erledigen. Dr. Kendschek: „Mit dem Treusein, das klappt heute nicht mehr so wie früher.“
Innenstädte, wie Gotha, Eisenach, Bad Langensalza oder Mühlhausen in einer ländlich geprägten Region wie Westthüringen müssen aber nicht das Schicksal der Verödung erdulden, ist der Entwicklungsexperte optimistisch. Sie haben schließlich was zu bieten, was die virtuelle Welt nicht hat: Sie sind überschaubar, historisch und bunt. Sie sind echt. Und sie bieten einen Raum, an den von den Bewohnern und Gästen der Städte viele Wünsche und Anforderungen gestellt werden: Geschäftsdichte, bequeme Erreichbarkeit, Erlebnisse und nicht zuletzt vielfältige Möglichkeiten sich zu begegnen, zu unterhalten, zu sehen und gesehen zu werden. Dabei, so der Experte, möchten die Bürger, Vereine und Institutionen in den jeweiligen Städten die Vitalität und das Image ihrer Städte zunehmend mitgestalten. Das hat Gründe: Jeder möchte auch seine Wünsche und seine Interessen in seinem Wohnort ansiedeln: sowohl kulturelle als auch wirtschaftliche.
Doch wie setzt man diese Wünsche und Anforderungen um? Aus Dr. Kendscheks Sicht geht das nur, wenn die Stadtoberhäupter die Entwicklung ihrer Kommune zu ihrer Chefsache erklären und mit einem pfiffigen Innenstadt-Manager. Letzterer müsse wie die sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsau“ sein. Ein solcher Manager oder eine solche Managerin müsse ein Kommunikator, Koordinator, Vernetzer, Diplomat, Mittelbeschaffer und noch viel mehr in einer Person sein. Eben ein Coach, ein Trainer, der seine Mannschaft zusammenhält, motiviert und inspiriert, um gemeinsam offensiv an die komplexe Herausforderung zu gehen, die Innenstädte vital und aktiv zu gestalten.
Ein schönes regionales Beispiel aus Westthüringen, wie eine Kleinstadt gerade auf dem Weg ist, sich zu einer attraktiven Innenstadt zu entwickeln, brachte Alexander Ernst: die mittelalterlich geprägte Kleinstadt Bad Langensalza, wo er ehrenamtlicher Beigeordneter ist. In dem Netzwerk „Mitmachstadt“ engagieren sich dort viele gemeinsam, ein Lebensgefühl zu entwickeln, mit dem sich die Einwohner gern identifizieren. Beruflich ist Alexander Ernst Geschäftsführer der VR Immobilien GmbH Westthüringen.
Foto: Iris Henning